Aleks ihm sein Blog

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16.11.2009


00:00 Uhr  Bürgerbeteiligung in der Landespolitik jenseits der Landtagswahl, Beispiel Hamburg.


Wie ist das mit der Bürgerbeteiligung zwischen den Landtags- (also Bürgerschafts-)wahlen in Hamburg? Ein Versuch einer Auflistung der Möglichkeiten und Features der verschiedenen gesetzlich vorgesehenen Instrumente.

Klar, daneben gibts sicher noch weitere - Eintreten in eine Partei, Gründung einer BI oder einer Terrorzelle, Veranstaltung von Lichterketten, Demos, usw. - hier gehts mal um den rechtlichen Rahmen und was mit den Ergebnissen von Bürgerbeteiligungsinstrumenten passiert.

Das ganze bezieht sich auf Hamburg - weil das der natürliche Ort für mich ist, politisch aktiv zu werden.

Ich versuche das mal am Beispiel der aus leicht nachvollziehbaren und inzwischen von einer breiten gesellschaftlichen Basis geforderten individuellen Kennzeichnung von Polizeibeamten im Dienst in sogenannten 'geschlossenen Einheiten' - also z.B. der Bereitschaftspolizei.

Da die Polizei in der jeweiligen Hoheit des Landes und nicht des Bundes agiert, wird es dafür keine bundesweit einheitliche Regelung geben.

Übergriffe von Polzeibeamten auf z.B. Demonstranten oder Fußballfans sind leider kein Einzelfall, aber bisher gab kaum entsprechendes Bildmaterial oder die Beamten hatten Helme auf und waren darüber nicht individuell identifizierbar.

Leider geht es bei den Begrifflichkeiten, die Bürgebeteiligung ermöglichen, bunt durcheinander, das macht es nicht gerade leichter: Es ist die Rede von: Petition, Bürgerentscheid, Bürgerbegehren, Volkspetition, Volksinitiative, Volksbegehren, Volksentscheid - und das ist nicht einfach synonym zu gebrauchen - zum Teil sind das Oberbegriffe für ein Verfahren und gleichzeitig auch Teilstücke eines Verfahrens, und das ist auch noch in jedem Bundesland wieder etwas anders geregelt...


Da gibt es z.B. die Petition (Eingabe)

Grundlage: "Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden" Art 17 GG.

In HH regelt dies das Gesetz über den Eingabenausschuss.

  • schriftliches Verfahren
  • aufschiebende Wirkung - Handlung, gegen die sich die Eingabe richtet, wird ausgesetzt
  • Stellungnahme der entsprechenden Behörde
  • rechtliche Begutachtung
  • Beratung nicht öffentlich
  • Abschliessende Entscheidung geht als Empfehlung an die Bürgerschaft:

    Entscheidung: Eingabe an den Senat/Regierung mit der Bitte um Abhilfe
    Entscheidung: Eingabe nicht abhilfefähig
    Bürgerschaft hat wg. Gewaltenteilung keine Dienst-, Fach- oder Rechtsaufsicht ggü Senat

  • Ende des Verfahrens, Mitteilung der finalen Entscheidung des Senats an den Absender der Eingabe
  • Durchschnittliche Dauer: drei bis sechs Monate

Bewertung: Eine Petition ist als politisches Instrument ungeeignet, der entsprechende Weg ist als Beschwerdeinstanz gedacht und gelebt.


Auf kommunaler (also Bezirks-)Ebene gibt es in Hamburg seit dem Volksentscheid (hähä) vom 27.09.1998 das Bürgerbegehren und den Bürgerentscheid, geregelt im §32 Bezirksverwaltungsgesetzes.

Polizeikennzeichnung ist kein kommunales Thema. Aber z.B. die umstrittene IKEA-Ansiedelung in Altona (173.000 Wahlberechtigte) wäre eins.

Die wahlberechtigten Einwohnerinnen und Einwohner eines Bezirkes können in allen Angelegenheiten, in denen die Bezirksversammlung Beschlüsse fassen kann, einen Bürgerentscheid beantragen (Bürgerbegehren). Ausgenommen vom Bürgerbegehren sind Personalentscheidungen und Beschlüsse über den Haushalt.

  • Das Bürgerbegehren (BG) muß schriftlich beim Bezirksamt angezeigt werden, es muß eine ja/nein-Frage enthalten sowie drei Vertrauensleute, die die Unterzeichnenden vertreten.
  • Ein BG kommt zustande, wenn in sechs Monaten 3% der wahlberechtigten Bezirkseinwohner unterstützen (Altona: 5.000 Unterschriften).
  • Die Zulässigkeit eines BG wird erst nach Vorlage der Unterschriften geprüft! Vorher durch Juristen checken lassen, sonst sind die Unterschriften komplett für den Arsch!
  • Bei mehr als 1% Unterstützern entsteht eine aufschiebende Wirkung entgegenstehender Entscheidungen bzw. einem Vollzug für drei Monate.
  • Die gleiche Anzahl wird benötigt, um das BG amtlich bekannt machen zu lassen und Unterschriftenlisten auszulegen.
  • Spätestens vier Monate nach der Zulassung wird ein Bürgerentscheid (BE) durchgeführt, wenn nicht die Bezirksversammlung den Inhalt des BG selbst aufnimmt und entsprechend ausführt.
  • Das BZA informiert alle wahlberechtigten Bürger per Infoheft, in dem sowohl Initiatoren als auch BZA zu gleichen Teilen zu Wort kommen.
  • Es entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen (kein Quorum!).
  • Ein BE ist dem Beschluß der Bezirksversammlung gleichgestellt.
  • Ein wichtiger Knackpunkt: Evozierung - Aufgrund aufgrund der Stadtstaatssituation in Hamburg (Einheitsgemeinde; Aufgaben der Kommune und des Landes sind verfassungsrechtlich nicht getrennt) kann der Senat jederzeit mit Verweis auf ein höherwertiges Landesinteresse aushebeln und der Kommune Aufgaben entziehen, Beschlüsse brechen usw. und BE ignorieren (BezVG §5 Abs 1). Damit wird in HH virtuos gespielt, auch so, daß sich ein BZA das BG komplett zu eigen macht (und damit ein BE verhindert), und sich das dann vom Senat evozieren läßt (keine Ahnung, ob das ein transitives Verb ist, range halt die Klappe).

Bewertung: Die exakte Formulierung ist extrem wichtig, ebenso sind bereits erfolgte, rechtskräftige Handlungen wie z.B. Baugenehmigungen fast nicht mehr zurückzunehmen, es können dadurch z.B. rechtswidrige Situationen mit Schadensersatzforderungen gegen den Bezirk zustande kommen. Es gibt kein kommunales Quorum, aber für z.B. Altona benötigt man für einen BE 5.000 Unterschriften.

Eine schöne Auflistung bisheriger Bürgerbegehren, deren eventueller Bürgerentscheide und deren Rechtsfolgen gibts beim Verein Mehr Demokratie e.V. in Hamburg.


Nun zum ursprünglichen Thema, Beteiligung auf Landesebene - dort gibts in Hamburg die Volksabstimmung. Das umgangssprachlich Volksbegehren genannte Verfahren läuft in Hamburg in drei Stufen ab: Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid.

Der Wunsch nach Kennzeichnung von Polizeibeamten im geschlossenen Einsatz kann auf Grund der Zuständigkeit des Landes mit dem Rechtsmittel 'Volksabsstimmung' eingebracht werden. Diese Möglichkeit besteht seit 1996 und ist im Artikel 50 der Hamburger Verfassung verankert, genaueres regelt das Volksabstimmungsgesetz und die passende Durchführungsverordnung.

Der Dreiklang hat weitreichende Möglichkeiten, z.B. den Erlass eines Gesetzes oder sogar einer Verfassungsänderung (dann mit etwas komplizierten Mehrheitsverhältnissen, aber es geht).

Im Einzelnen leitet sich daraus für die erste Stufe, die Volksinitiative (VI) ab:

  • Der Beginn einer Unterschriftensammlung zum Zwecke einer VI ist dem Senat schriftlich mitzuteilen, in der Mitteilung muß neben dem Gesetzentwurf oder der anderen Vorlage (mit Begründung) wieder die Namen von drei Vertrauensleuten enthalten.
  • Es läuft damit eine Frist von sechs Monaten zur Beibringung von 10.000 Unterstützerunterschriften.

Die nächste Stufe (Volksbegehren, VB) kann beantragt werden, wenn die VI erfolgreich war und die Bürgerschaft nicht ein der VI gleichlautendes Gesetz beschliesst oder der VI zustimmt. Es wird per Beschluß der Bürgerschaft festgestellt, ob der Beschluß der Bürgerschaft dem Anliegen der VI entspricht.

  • Innerhalb eines Monats nach Ablauf der erfolgreichen VI kann ein VB durch die Vertrauensleute beantragt werden.
  • Die Vorlage darf überarbeitet werden
  • Das VB wird öffentlich amtlich bekannt gemacht
  • Die Unterstützungsunterschriften werden in einem Zeitraum von drei Wochen(!) von den BZA und den Initiatoren gesammelt.
  • Für ein erfolgreiches VB werden die Stimmen von 5% aller Wahlberechtigten benötigt (62.500 Stimmen).

Die nächste und letzte Stufe (Volksentscheid, VE) kann beantragt werden, wenn das VB erfolgreich war und die Bürgerschaft nicht ein der VB gleichlautendes Gesetz beschliesst oder dem VB zustimmt. Es wird per Beschluß der Bürgerschaft festgestellt, ob der Beschluß der Bürgerschaft dem Anliegen des VB entspricht.

  • Die Vorlage darf wieder überarbeitet werden
  • Der Volksentscheid wird dann vier Monate später durchgeführt, wenn nicht in diesem Zeitraum eh eine Wahl zum Europaparlament oder Bundestag stattfindet. In diesem Fall wird zusammengefasst.
  • Analog zum Bürgerbegehren auf kommunaler Ebene informiert der Senat jeden Wahlberechtigten per Infobroschüre über den geplanten VE, die Bürgerschaft und die Initiatoren nehmen darin gleichberechtigt Stellung zum Anliegen.
  • Ein VE ist angenommen, wenn er die Mehrheit der abgegebenen, gültigen Stimmen erreicht und mindestens 20% der Stimmen aller Wahlberechtigten erhalten hat (250.000 in Hamburg).
  • Es gibt eine Kostenerstattung von 10ct pro gültige JA-Stimme mit Deckelung bei 400.000 Stimmen.

Bewertung: Die Entscheidung, ob ein Beschluß der Bürgerschaft der Intention eines Volks(I|B) entspricht, ist ein kritischer Punkt, da ja üblicherweise von den Initiatoren einer Volksabstimmung eine andere Meinung vertreten wird, als von der Mehrheit der Bürgerschaft.

Ist man mit einer VI erfolgreich und die Initiative wird nicht von der Bürgerschaft übernommen, steht man am Scheideweg: Eine erfolgreiche VI ist zwar ein Achtungserfolg, sonst aber genau nichts. Der Aufwand und die Kosten für die zweite Stufe steigen enorm, eine zumindest Teilrefinanzierung gibt es aber erst bei der letzten Stufe.

Eine Liste der in Hamburg gelaufenen Volksabstimmungen gibt es unter Volksbegehren in Hamburg. Interessant ist, daß sich in Hamburg der größte Teil der eingereichten Volksabstimmungen genau mit dem Element Bürgerbeteiligung beschäftigen

Konkret auf das Ziel bezogen, eine verbindliche, individuelle Kennzeichnung von Polizeibeamten in Hamburg einzuführen, hieße das oben grob folgendes:

  • Phase eins (Volksinitiative) - sechs Monate - 10.000 Unterschrifen. Kann man wohl relativ problemlos schaffen.
  • Phase zwei (Volksbegehren) - 30 Tage - 62.500 Unterschriften. Da ist wohl schon Ende, wenn man sich nicht mit anderen, die das mittragen würden, zusammentut.
  • Phase drei (Volksentscheid) - Wahltag - mindestens 250.000 JA-Stimmen und gleichzeitig die Mehrheit aller abgegebenen Stimmen. Dafür muß man ernsthaft Wahlkampf machen, und ich weiß nicht, ob man das von der Orga her (Presseanfragen, Unterlagen, Wahlkampf, auf der Strasse stehen) überhaupt ehrenamtlich geballert bekommt.
  • Insgesamt würde das gesamte Verfahren mit allen Fristen wohl realistisch betrachtet mindestens ein Jahr, eher 1,5 Jahre dauern. Lohnt sich der persönliche Aufwand, wenn man nach Phase 2 abbricht?


Neben den oben dargestellten Verfahren gibt es in Hamburg übrigens noch ein paar Feigenblatt-Bürgerbeteilungsverfahren, z.B. angewendet bei der Planung des Verkehrsprojekt Hamburger Süden. Da es anscheinend keine einklagbare Rechtsgrundlage für die Beteiligung gibt, kann man da aber wohl eher von einer geglückten PR-Maßnahme denn einer wirklichen Beteiligung sprechen - die Bürger werden zumindest nach deren Darstellung nur gehört, wenn es gerade ins Konzept paßt.

Wie irgendwo weiter oben dargestellt, machen hier aber die vorgestellten Verfahren keinen Sinn - sowie es um Bauleitplanung und Rechtsfolgekostenabschätzungen und die Einbeziehung des Bundes (es heißt BUNDESautobahn, und ohne Bundesknete ist das eh nicht finanzierbar) geht, wird eh nach anderen Regeln gespielt.



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