Aleks ihm sein Blog

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02.07.2009


02:01 Uhr  Blackflag - Aktion für Traditionsschiffe auf der Killer Woche


Wie eigentlich die meisten Leser wissen, geht bei mir sehr viel Zeit für die Beschäftigung mit schwimmendem Gerät drauf, neben meiner eigenen schwimmenden Kontenkatastrophe engagiere ich mich ziemlich stark für Traditionsschiffe, was irgendwann dazu geführt hat, daß ich im Vorstand der deutschen Dachorganisation für Traditionsschiffe - der Gemeinsamen Kommission für historische Wasserfahrzeuge (GSHW e.V.) gelandet bin.

Die GSHW beschäftigt sich ganz grob und stark verkürzt dargestellt auf der einen Seite mit der Begutachtung von Traditionsschiffen (zur Erlangung von entsprechenden Erlaubnissen, als Traditionsschiff zu gelten) - in enger Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen - und andererseits arbeitet die GSHW als Lobby-Organisation der deutschen Traditionsschiffe und versucht, die Interessen der Traditionsschiffe zu bündeln und an den entsprechenden Stellen in der Politik und nachgeordneten Behörden zu artikulieren und durchzusetzen.

Der Spagat zwischen der Mitwirkung bei der Zeugniserteilung (und -verweigerung) und dem Einsatz für die Interessen der Betreiber von Traditionsschiffen war in der Vergangenheit nicht wirklich einfach - wir versuchen aber seit etwa zwei Jahren, die Beine wieder ohne Verletzungen zusammenzubekommen und sind an den meisten Innenbeinmuskeln auf dem richtigen Dampfer (Wortspielpunkt!), bei einigen Punkten haben wir auch schon wieder die Knie beieinander.

Was ist ein Traditionsschiff?
Ein deutsches Traditionsschiff ist ein Wasserfahrzeug, daß nicht mehr zum Handel, Fischen, Behördenarbeit oder ähnlichen Tätigkeiten eingesetzt wird. Es gibt segelnde und dampfende Tradtitionsschiffe, orginalgetreue Museeumsschiffe, Umbauten von Feuer-, Fracht- und sonstigen Schiffen zu Segelschiffen, Nachbauten und Schiffe für das Sail Training.
Traditionsschiffe leisten soziale und kulturelle Arbeit, erhalten traditionelle Seemannschaft und das entsprechende Handwerk für die nächste Generation, erhalten historische Schiffssubstanz, beleben Häfen und maritime Veranstaltungen und bieten ein ausgezeichnetes Lernumfeld für generations- und nationenübergreifeneden Austausch, Teamarbeit und Respekt gegenüber der Natur da.

Seit einiger Zeit gibt es neben den leider inzwischen fast regulär auftauchenden und deshalb schon als normal geltenden Problemen mit z.B. den nachgeordneten Behörden ein großes Problem, daß über die nationalen Probleme der Traditionsschiffe in ihren eigenen Flaggstaaten hinausgeht.

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Vor und während der letzten Kieler Woche (20. bis 28 Juni) haben wir mit einem relativ kleinen Team eine relativ große Aktion zu diesem Thema gerissen - die Aktion Blackflag.

Worum gehts? Es gibt trotz entsprechender Verhandlungen der europäischen Länder über gemeinsame Grundregeln und die gegenseitige Annerkennung der nationalen Bestimmungen für Traditionsschiffe - dem Memorandum of Understanding on the mutual recognition of certificates for the safe operation of traditional ships in European waters and of certificates of competency for crews on traditional ships - kurz: dem MoU in den meisten Flaggstaaten (u.a. auch in Deutschland) keine Umsetzung des MoU in nationales Recht, der gesamte Prozess liegt seit Jahren brach - es gibt zwar inzwischen 25 laufende Meter Akten über die EU-Spezifikationen für Fahrersitze von Traktoren in der EU, aber keine Weiterarbeit an dieser traditionell übernationalen Sache - Seeschifffahrt war (mal abgesehen von der kleinen Küstenfischerei) schon immer eine internatinale Angelegenheit.

Dies führt inzwischen dazu, daß z.B. Dänemark Traditionsschiffen aus Flaggstaaten, die das MoU (noch) nicht national umgesetzt haben und somit kein Document of Compliance (DoC) vorweisen können, die Einreise verweigert bzw. diese wie Passagierschiffe behandelt, wenn mehr als 12 Personen als Trainees (also nicht Besatzung) an Bord sind. Genauso erlaubt Dänemark den eigenen Traditionsschiffen nicht mehr die Ausreise aus den nationalen Gewässern, wenn sie mit mehr als 12 zahlenden Personen an Bord fahren.

Traditionsschiffe können auf Grund ihrer Bauart und der Besetzung mit Crew die international festgelegten Standards der Berufschifffahrt nicht erfüllen, deswegen fällt die Nummer, als Passagierschiff nach Dänemark zu fahren, für diese aus. Nobile hat z.B. natürlich kein Freifall-Rettungsboot und die Crew auch nicht den passenden Zettel, so ein Rettungsboot richtig zu bedienen.

Genauso gibt es für die holländischen Traditionsschiffe seit Beginn des Jahres massive Probleme, von deutschen Häfen aus zu segeln (und nach Dänemark dürfen sie offiziell genauso nicht).

Kurz: Wir wissen nicht so genau, wie es weiter gehen kann. Die internationale Fahrt ist ein wesentlicher Bestandteil der Konzepte von Traditionsschiffen, besonders der Sailtraining-Schiffe. Die Dänischen Inseln liegen direkt hinter der Kimm - in vielen Küstenabschnitten gibt es navigatorisch gar keine andere Möglichkeit, als in und durch dänische Hoheitsgewässer zu laufen.

Neben den anderen Problemen in der Traditionsschiffahrt ist die Forderung nach internationaler Fahrt der kleinste gemeinsame Nenner für alle Traditionsschiffe, egal welche Betreiberform, Bauart, Nationalität, Schiffstyp) - und deshalb haben wir uns dieses Thema für unsere Blackflag-Aktion ausgewählt.

Die Idee war, durch eine möglichst niedrigschwellige Aktion (alle Schiffe können mitmachen, auch wenn ihre Betreiber eher zurückhaltende Leute sind) eine möglichst große Aufmerksamkeit außerhalb der eigenen Szene zu erreichen - und während der Kieler Woche (einem maritimen Großereignis und dem größten Volksfest des Nordens mit 3 Millionen Besuchern) ein Zeichen zusetzen.

Dafür haben tapfere Leute der Thor Heyerdahl ein paar Tage vor der Kieler Woche begonnen, 120 schwarze Flaggen mit einem Fragezeichen zu bedrucken (um fertige Flaggen zu bestellen, war es natürlich zu spät). Währenddessen haben andere an Flyer und Unterlagen für Interessierte und Schiffsbetreiber entwickelt, eine Webseite zusammengedengelt und die lokale Politik und die andere Seite auch angespitzt, um Unterstützung zu bekommen, die Betreiber der Schiffe, die Behörden und den Veranstalter informiert, Flyer im rasenden Büro gedruckt und dann - endlich - die Flaggen und Unterlagen auf die Schiffe verteilt.

Der Spurt am ersten Wochenende war hart (heißt ja auch Killer Woche, das ganze), wir konnten uns aber über eine unglaublich große Beteiligung auf den Schiffen freuen - und unserem greenpeace-artigen Rainbow-Warrior-Radiergummiauftreten eilte eine Welle der Aufklärung voraus - die meisten hatten schon was von uns gehört und waren mit Feuereifer dabei - die, die nicht bescheid wußten, haben wir entsprechend gebrieft

Am ersten Wochenende haben wir schon 70 der 120 Flaggen verteilt und überall wurde schwarz geflaggt - erst jetzt wurde uns klar, auf welchen großen Zuspruch die Aktion fiel, und wie gut die nun wieder erkennbare Gemeinsamkeit aller Traditionsschiffe (trotz der unbestreitbaren großen Unterschiede in den nationalen Konzepten zum Thema) allen tat. Wir haben sogar Anfragen aus Dänemark, mit der Bitte um Übersendung von Blackflags, um sie auch in Dänemark setzen zu können.

Im Laufe der Woche haben wir dann bis auf 6 Flaggen alle auf Schiffe verteilt, viele Gespräche über die Situation und die 'erneuerte' GSHW geführt und es wirklich geschafft, Aufmerksamkeit zu erzeugen: Auch für die normalen Segelgäste auf der Kieler Woche war es einfach unübersehbar, daß fast jedes Schiff die Blackflag gesetzt hatte und es wurde über die entsprechenden Nachfragen der Gäste möglich, die Probleme der Traditionsschiffahrt anzureissen und um Unterstützung (durch einen Eintrag in eine Unterschriftenliste) zu bitten - bis jetzt haben wir 1.300 Unterschriften (aber noch nicht alle Listen sind zurück bei uns). Das ist nicht so irre viel, aber es ist auch nicht wenig.

Nebenbei hatten wir Organisatoren noch das zu tun, was wir sonst so auf der Killer Woche machen: Schiff fahren, Dinghy-Motoren tunen, Tagesgäste bespaßen, Kontakte pflegen (wer vor 3 Uhr morgens ins Bett geht ist echt ein Weichei oder zu alt für sowas), und Gerüchte weiterverarbeiten - auch ohne die Blackflag-Geschichte ist so eine Kieler Woche nicht ohne.

Die Aktion war so erfolgreich, daß wir den Weitergang ganz anders planen, als eigentlich vorgesehen - mal sehen, daß wir den schwerkranken Patienten Mooo wieder auf die Planke zu helfen.

Gerade eben ist eine weitere Pressemitteilung rausgegangen; und die Nachfrage nach BLACKFLAGs und T-Shirts (!) ist wirklich erstaunlich.


Propaganda zum Nachlesen findest Du bei Interesse auf der BLACKFLAG-Webseite.

Die wirklichen Details findest Du (zum Teil zugegebener Maßen etwas schwierig zu finden) auf der GSHW-Webseite.

Ansonsten fragen :-)


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