Aleks ihm sein Blog

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28.01.2009


14:36 Uhr  UPDATE Fleckenteufel


Achtung, kulturelle Bettnässer wegducken - es folgt eine Buchkritik.

Und Bettnässer ist auch der richtige Einstieg ins Thema - nach dem inzwischen sogar verfilmten Werk Fleisch ist mein Gemüse von Heinz Strunk gibts nun Fleckenteufel.

Die Aufmachung des Covers ist nicht nur zufällig an Feuchtgebiete angelehnt. Und das ist ja nun sowas von gehyped worden, da geht ja nix mehr drüber.

Ich habe von Feuchtgebiete ungefähr die Hälfte als Hörbuch (von Roche selbst gelesen) gehört (das ist noch ein bißchen unintimer als selbst heimlich im Bett lesen, so vom iPod im Auto im Stau...), weil ich neugierig war - dann hatte ich mir ein Bild gemacht und genug vom Hype.

Neulich hatte Nils das Buch dabei, und ohne von meinem durch Nils geweckten Interesse am Buch (der Klappentext: Ich atme tief ein. Meer, Holz, Salz, Mücken, verbranntes Stockbrot. Mein Arsch brennt wie das Osterfeuer, ... fesselte mich sofort) zu wissen, bekam ich es zufällig geschenkt.

Inhaltlich bietet es meiner Meinung nach deutlich mehr, als Feuchtgebiete - und es geht auch nicht die ganze Zeit um Arschpatienten, sondern um Thorsten (mit teha), einen 16jährigen Jungen aus dem Süden Hamburgs aus eher einfachen Verhältnissen und einen kurzen Abschnitt aus seinen pubertären Irrungen und Wirrungen während einer durch eine Kirchengemeinde organisierte Sommerfreizeit in Scharbeutz an der Ostsee. Das führt zu einem anstrengenden Zusammenwirken von sozialer Überforderung, religiösen Gefühlen und hormonellem Dauerrauschen (Klappentext).

Natürlich spielt die Beschäftigung mit den eigenen Ausscheidungsprozessen und damit verbundenen Praktiken eine sehr große Rolle in der Pubertät, aber eigentlich geht es um das Gefühl des eigenen Versagens und der permanenten Suche nach der eigenen Rolle und Position in der Gruppe und das vorsichtige Beobachten, Bewerten und Herantasten an die anderen Gruppenmitglieder. Ja, es ist eine gemischtgeschlechtliche Freizeit, komischerweise sind neben den Betreuern auch ein paar andere, kauzige Erwachsene dabei.

Kurzweilig, meist sehr lakonisch dargestellter Alltag im Nichtalltag, an den notwendigen Stellen nicht ausweichend nebulös, sondern deftig deutlich geschrieben, ohne dabei der Phantasie des Lesers den letzten Ausweg zu nehmen.

Also - nicht gerade ein Shakespeare, aber kurzweiliger, lustiger, deutlich weniger eklig (im Bezug auf das hygienische Haupt-Anliegen der Autorin) als Feuchtgebiete. Mein Tipp: Wird kein Bestseller. Nicht eklig, ich-bezogen, neurotisch genug. Zu normal, der Autor war nur der Hamburger Spitzenkandidat der PARTEI, und nicht eine abgehalfterte Viva-Moderatorin.

Schade - und: Lesebefehl!

Es ist nicht so aussichtslos und deprimierend wie Fleisch ist mein Gemüse.
Für die ganz fertigen unter Euch, die mit Kultür als toter Baum schon durch sind: Gibts auch als Hörbuch.


Update: Wie ich gerade entdecke, verwehrt sich der Autor auf seiner Homepage gegen das Äußere des Buches, besonders gegen die Ähnlichkeit zu Feuchtgebiete. Leider ist die Seite mit flash verhunzt, so daß ich nicht c&p machen kann.

Also selber lesen.


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