Aleks ihm sein Blog

[ Wir haben noch Hirn hinten im Haus ]

Das ist mein Blog.

Hier gibts, was ich tue, getan habe und vielleicht tun werde. Auch, wenn und weil das total unwichtig für den weiteren Verlauf der Geschichte ist. Viel Spaß damit.

Wer mich möglichst zeitnah erreichen und/oder beschimpfen will, versuche dies per Email (s.u.), per Twitter, auf Facebook oder im ircnet oder suche mich persönlich auf.

TMG §5 Kontaktdaten.


RSS-Feed Startseite



-->



Einträge nach Kategorien

Einträge nach Datum


RSS-Feed
Startseite

[ blosxom ]

[ creative commons ]

31.07.2005


10:52 Uhr  Pädagogik von und mit den Flodders


Zum Glück muß ich immer dann besonders dringend Bahn fahren, wenn alle anderen auf der Welt das auch wollen, und die Bahn die dafür eigentlich notwendigen Wagons einfach mal zur Hälfte im Betriebswerk stehen läßt. So wie heute morgen z.B.
In Berlin bauen sie irgendwas am neuen Bahnhof (dazu gibts sicher was bei SPON nachzulesen); eine Spange quer über das gesamte Gebäude, Technik direkt aus der Weltraumforschung und einer aufstrebenden, europäischen Metropole mehr als angemessen... und dafür haben sie die Stadtbahn (so heißt der Schienenstrang auf der alten, gemauerten Trasse durch die Innenstadt) dann auch mal komplett lahmgelegt, es fährt weder Fernbahn noch S-Bahn.
Das ist schon mal generell ne gute Voraussetzung um entspannt und chaosfrei samstags morgens um sieben zum eigentlichen Zug zu kommen, der eben deswegen nicht wie sonst vom Ostbahnhof, sondern aus der West-City, also vom Zoo, abfährt. Dank der BVG ist die U-Bahn dorthin voll - richtig voll. Scheinbar hat bei der BVG keiner die Abendschau gesehen oder auf sonstigem Wege mitbekommen, das die konkurrierende S-Bahn heute nicht fährt. Das hätte man ja ansonsten die Taktrate oder die Zuglänge verbessern können.

Am Zoo weiß latürnich niemand so genau, wo denn nun welcher Zug abfahren wird, auf sowas wie passende Wagenstandsanzeiger hat man da sicherheitshalber auch gleich mal komplett verzichtet. Ich lasse mich sanft von der Masse hin- und herschieben und steige dann einfach in einen ICE Type III ohne Zuglaufschilder ein - wo soll der sonst schon anders hinfahren?
Irgendwann schalten sie dann doch die Zuglaufschilder und die Sitzplatzreservierungen ein - es erhebt sich ein großes Wehklagen und weiteres Hin- und Hergewoge in den Wagen - die Typen, die diese Rollkoffer erfunden haben, die genau 5mm zu breit für den Gang im ICE sind, sollte man übrigens wirklich mal vorne auf die Lok nageln - aber wenigstens ist es mal generell der richtige Zug.

Ein schwitzender, fetter Typ ohne Sitzplatzanspruch will mich von meinem resevierten Platz vertreiben, weil er so empfindlich gegen das Rückwärtsfahren sei.
Ich erkläre geduldig, in welcher Richtung Hamburg liegt, daß in der anderen Richtung die Vollsperrung ist und sich die zweite Fahrtrichtung damit doppelt ausschließt, er sich also einfach so hinsetzen kann. Qualle platzt also auf den Sitz gegenüber und bedankt sich wortreich.
Ich nicke genervt und schliesse die Augen.

Etwa 30 Sekunden später, der Zug füllt sich weiter bis an den Maximalpegel, rempelt es mich an: Er würde mich nun doch bitten, die Plätze zu tauschen - komisch, ich hab gar keinen Ruck bemerkt. Ich gucke hoch, die Tür ist noch offen, der Bahnsteig bewegt sich nicht. Gucke auf anderer Seite, dort fährt ein Zug raus.
Hole Luft, will liebend gerne brüllen. Typ guckt mir hinterher und begreift trotzdem nicht und fängt wieder an, herum zu sallern, wie schlecht das doch mit dem Rückwärtsfahren ist.
Wir fahren, wenn wir denn mal fahren, in die andere Richtung, hab ich schon erklärt, oder?
Bin heimlich stolz auf mich, doch noch nicht gebrüllt zu haben. Qualle fängt an, sich zu entschuldigen, wieder sehr wortreich und Bezug nehmend auf seine Empfindlichkeit und das Rückwärtsfahren überhaupt.
Beschliesse spontan, doch zu brüllen. Qualle steht auf und geht, der Nachbartisch guckt irritiert.
Na bitte.

Zu meiner besonders großen, immer noch ungefrühstückten Freude darf ich nur kurze Zeit später meinen Tisch mit Familie Flodder (Edelproll feinherb) teilen. Mein schneller und ultimativer Versuch, sie in einen anderen Wagen abzuschieben, gelingt leider nicht.
Er sieht aus wie Ende sechzig, riecht wie fünfzehn Jahre in Billigschnaps mit Tomatenfisch eingelegt, dazu nen schicker Vokuhila mit eingedrehter Ente, geflochtene Sportslipper, Rentnerjäckchen in lebensbejahendem grau und krallenartige, riesige Fingernägel, Kassengestell. Er ist aber, wie sich in seinem irre laut geführtem Gespräch mit seiner Lebensleidensgefährtin ergibt, doch erst Mitte Vierzig. Wie man sich da doch täuschen kann
Örks! Der Typ riecht wirklich wie 60 intensiv benutzte und dann 6 Stunden in einem geschlossenen Bulli bei 35°C Außentemperatur aufbewahrte Biertisch-Garnituren von einem Angler-Oktoberfest.

Dazu sie, ebenfalls so Ende Vierzig, Hackfresse, unglaublich fettige und glaublich lange, dünne Haare. Quillt mit Arsch und Oberschenkeln locker noch auf den Nachbarsitz und in den Gang über, scheint aber wenigstens nicht unangenehm zu riechen - der Typ neben mir überdosodoriert das aber.

Dritte im Bunde: Töchterchen (nicht von ihm), so 10 Jahre alt, will ständig durch den Zug eiern, der komplett überfüllt ist. Hat aber den Fensterplatz (bzw. das, was noch nicht von Oberschenkeln belegt ist).
Während des dadurch entzündeten, länger andauernden Diskurses über das konkrete Problem des Verweigerns dieser Bitte und die allgemeine Erziehungslinie für Irene 'Du willst doch nicht, dasick der hier vor all die Leute eeene scheua' zwischen Mutti und dem Säufer (Detlev) lerne ich tatsächlich ein paar neue Wörter, mit denen man seine oder auch fremde Blagen titulieren kann.
Auch der Nachbartisch hört interessiert zu, während dessen suche ich schon mal nach der Unicef-Nummer und frage mich, wo in HH der nächste Kindernotdienst ist, als sich der Nachbartisch ungeplant und sportlich einmischt: 'Wenn Sie dem Kind Gewalt antun, zeige ich sie an'.
hehe, denke ich, suuuuper Steilvorlage, und richtig, der Köder wird gut angenommen.

'Watt jeeet Dir dat denn an, Du olle Nulpe? Brauchste ooch nen paar hinter die Löffel?' - der Typ von Nulpe steht überraschend schnell auf, ich würde fast sagen, er ist hochgefedert - und bietet Detlev spontan 'Fresse polieren, jetzt gleich!' an.
Eigentlich kann es jetzt losgehen, bloß leider sitze ich ja noch dazwischen. Aber Detlev steht nicht zu seiner Erziehungslinie, und der Kerl von Nulpe sieht auch eher aus wie ein Stereoid-Testcenter - und schwächt nach einigen knisternden Sekunden ab: 'ej, Alta, ick hab det nisch so jemeint, wa? - Det scheisskind macht mir kirre', der Kerl von Nulpe funkelt Detlev noch mal an und setzt sich wieder.

Ireeeeeene kann sich durchsetzen und eiert durch den Zug, Detlev und Mutti besprechen in Ruhe die aktuellen Meldungen in der Bild (mehr Kindergeld, 'na endlisch, für dit jetze kannick nischmal zwei paar Schuhe koofen im Monat', und Probleme mit dem ALG2 da darf soon Haaz-vier-Assi sein Auto behalten, weeeßte? - Dit jibs doch jarnisch.). Im weiteren Verlauf wird klar, das Detlev ebenfalls ALG2 zieht und sie 'Sozi'.
Muss grinsen. Noch mehr, als sie sich beide darüber mockieren, mit welcher groben Sprache sich die Youngsters, die im Durchgang zum nächsten Wagen sitzen und leider die für die Funktion der Klimaanlage so notwendige Zwischentür blockieren, so daß man sie gut hören kann (die unterhalten sich völlig normal für das Alter), unterhalten.

Irgendwie scheint mir da doch eine größere Schere zwischen Selbst- und Fremdsicht vorzuliegen. Ich finde die Idee, allen Eltern erstmal zwangsweise Hilfen zur Erziehung angedeien zu lassen, irgendwie immer besser. Als Irene nicht wieder auftaucht (sie hat wohl die Bildschirme in der 1. Klasse entdeckt, zumindest treffe ich sie dort später) umreisst Mutti für Detlev die näheren und weiteren Erziehungsziele, weil det is ja meen Kind, wa? Ick hab die ja immer am Hals, nich nur an die Wochenenden, weeeeste? Det wüad mir sssuviel.

Mir auch - Expedition ins Tierreich mit echter Duftnote und noch vor dem Frühstück - ich suche mir erstmal einen Platz in der ersten Klasse.
Zum Glück ist das Zugpersonal sanftmütig und läßt mich dort ohne großes Heckmeck sitzen.


[Kategorie: /gnargl] - [permanenter Link] - [zur Startseite]



this oerks!

Wegen der Spamseuche wird die angegebene Emailadresse sehr stark gefiltert (und es fehlt das at - sorry) - sie ist von typischen Spam-Domains wie yahoo,hotmail,excite usw. sowie mit syntaktisch und/oder semantisch falschen Emails nicht erreichbar.